Never confuse faith, or belief – of any kind – with something even remotely intellectual.

John Irving, A Prayer for Owen Meany (1989)

Dünken.

2 Minuten Lesedauer
Ins Wortmuseum dieses Blogs kommen Wörter, die im Dahinschwinden begriffen sind, weil keiner sie mehr mit dem Allerwertesten anguckt. Was phänomenal schade ist.

Ach du liebes Ü.

Nur wenige Sprachen haben es, viele sind neidisch und finden die Exotik irgendwie weird, but cool, aber wenn sie es dann nachmachen wollen, dann wird bloß ein sehr schlecht bezahlender Privattaxi-Kapitalistenverein daraus. Und die Punkte fallen obendrein auch noch ab.

Wir Deutschen, Schweizer und Österreicher aber, wir sitzen glücklich mit Ungarn, Finnen, Skoltsamen, Schweden, Esten – und natürlich vor allem Türken an einem Tisch.¹

¹ Am Rande: Weltweit gibt’s noch ein paar weitere Einsatzbereiche für den Laut Ü und den Doppelpunkt (Trema) auf dem Buchstaben Ü, weiß die Wikipedia.
Und natürlich, nicht zu vergessen: das Ü-Ei!

Zurück zur Überschrift: Die deutsche Sprache hat dank des U-Umlauts (lustigerweise in HTML encodiert als ü) einige wunderschöne Wörter im Angebot.

Einige davon mit Verfallsdatum.

Ich mein, mal ehrlich – wer sagt denn heute noch mich dünkt? Das schreibt ja nicht mal mehr jemand.

Dabei ist es so hübsch!

Und so kapriziös – die Vergangenheitsform von dünkt ist deuchte! Da muss man erstmal drauf kommen als Spracherfinder*in!

Wer, wie der Verfassser dieser Zeilen, lange Zeit unhinterfragt überzeugt war, dass möchten die Grundform (Infinitiv) eines existierendes Verb ist (und nicht bloß der Konjunktiv II im Präteritum von mögen), di*er könnte auch vermuten, dass es das Verb deuchten gibt.

Aber nein.

Zurück zur Gegenwart, also dem Präsens (nicht der Präsenz!) von dünken. Wie es scheint, hat das Wort eine mindestens Cousinen-nahe Verwandschaft zum Dünkel, jener arroganten Hochnäsigkeit, wie sie nur Menschen von Stand überzeugend vorführen können, weswegen jenes Wort heute hauptsächlich noch in der Kombination Standesdünkel vorkommt.

Und ja, statt einfach kopfkratzend also, ich glaub’ ja … lieber monokeltragend 🧐 mich dünkt … zu sagen, hat schon eine gewisse Dünkelhaftigkeit an sich.

Tatsächlich hat der Duden als zweite Bedeutung auch etwas in diese Richtung im Angebot: (…) du dünkst dich etwas Besseres zu sein.

Trotzdem, oder deswegen, oder jetzt erst recht ein schönes Wort, dieses dünken. Stümmt’s?


 

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