Never confuse faith, or belief – of any kind – with something even remotely intellectual.

John Irving, A Prayer for Owen Meany (1989)

Red’ mit dir!

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Als Mosaik gestaltetes Porträt einer Person mit großen Augen und roten Lippen, viele bunte Muster im Hintergrund. Durch digitale Bildbearbeitung ist das Gesicht gespiegelt, und es wirkt, als spräche es mit sich selbst.
Bild: Giulia May via Unsplash.

Schön ist ja, wie es seit einigen Jahren immer normaler wird zu erleben, dass Leute auf der Straße mit sich selbst sprechen.

Schon klar, meistens ist schlicht der kleine Knopf im Ohr nicht zu sehen, der die Sprechenden mit mobil verknüpften Angesprochenen verbindet. Aber es wirkt, als seien sie tatsächlich im Dialog mit sich selbst. Und der hat einen schlechten Ruf – deswegen ist diese Entwicklung so erfreulich. Weil sie hoffentlich, hoffentlich dazu führt, dass Mit-sich-selbst-Sprechende nicht mehr länger angeguckt werden, als seien sie mental beschädigt oder womöglich gar gefährlich.

Jener schlechte Ruf, den das Selbstgespräch hat, ist nämlich – mindestens teilweise – sehr unberechtigt.

So lange die Person noch von der Außenwelt erreichbar bleibt, so lange der Dialog mit sich selbst also keine Sich-Verschließen vor der Welt bedeutet, ist er ein gutes Hilfsmittel zur Selbstreflexion.

Vor einer Zimmertür ist der Rücken einer Person in schwarzer Kleidung zu sehen, die sich selbst umarmt.
Bild: Hala Al-Asadi via Unsplash.

Das WDR-Wissensmagazin Quarks zum Beispiel schreibt auf seiner Website: (…) Pragmatiker sprechen gut und viel mit sich selbst und können eine Problemlösung zielstrebig angehen.

Und verlinkt eine Studie (PDF-Download) der Psycholinguistin Anke Werani von 2009, in deren Zusammenfassung es heißt: In diesem Artikel wurde gezeigt, wie mit der Methode des lauten Denkens ein Zugang zum inneren Sprechen gefunden werden kann. (…) In konstruktiver, ermutigender und motivierender Form wirkt sich das innere Sprechen überaus positiv auf den Problemlöseprozess und damit die Problemlösegüte aus, es übernimmt Funktionen wie beispielsweise Selbstregulation, Reflexion über die momentane Tätigkeit sowie die eigentliche Problemlösung.

Schon vor Jahren sprach DER SPIEGEL mit der Psychologin Corinna Reichl vom Uniklinikum Heidelberg, und wenn der Artikel auch warnte: In Verbindung mit Einsamkeit können häufige Selbstgespräche ein Risikofaktor sein, so wurde Reichl doch so zitiert: Selbstgespräche sind in einem angemessenen Rahmen ganz und gar nicht schlecht.

Denn, so schreibt das Magazin weiter: Während eines Selbstgesprächs seien im Gehirn die gleichen Regionen aktiv wie bei einem tatsächlichen Dialog. Dies könne zu dem vorübergehenden Gefühl führen, in eine soziale Interaktion eingebunden zu sein

Es gibt der Quellen reichlich mehr, die eine wohltuende, unterstützende Wirkung des inneren Dialogs bestätigen; am schönsten aber bringt es vielleicht das Wissenschaftsmagazin Spektrum auf den Punkt: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.


 

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